RECHT | 04. November 2024
Neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten
Am 30.06.2023 trat die neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (VO (EU) 2023/1115, „Entwal-dungs-VO“) in Kraft. Ziel der Verordnung ist es, den Handel mit Rohstoffen und Erzeugnissen zu regulieren, deren Produktion mit Entwaldung oder Waldschädigung in Verbindung steht. Die Verordnung verpflichtet Unternehmen und Händler in der EU, die Entwaldungsfreiheit und die Einhaltung von Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes relevanter Rohstoffe und Produkte sicherzustellen und nachzuweisen. Dies betrifft insbesondere Rohstoffe wie Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Soja, Holz und ihre verarbeiteten Produkte, darunter Lederwaren, Kaffeebohnen, Holzmöbel oder Sojamehl.
Wer ist betroffen?
Die Regelungen der Entwaldungs-VO gelten sowohl für große Unternehmen als auch für Kleinst- und Kleinunter-nehmen. Sie betreffen sowohl Marktteilnehmer (natürliche und juristische Personen, die relevante Produkte in Ver-kehr bringen oder ausführen) als auch Händler (Akteure in der Lieferkette, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tä-tigkeit relevante Erzeugnisse bereitstellen). Große Unternehmen sind verpflichtet, die Verordnung ab dem 30.12.2025 zu erfüllen, während für Kleinst- und Kleinunternehmen eine verlängerte Frist bis zum 30.06.2026 gilt.
Zentrale Verpflichtungen
Marktteilnehmer und Händler müssen sicherstellen, dass ihre Produkte folgende Bedingungen erfüllen:
- Entwaldungsfreiheit: Die relevanten Güter dürfen nicht mit Entwaldung oder Waldschädigung in Verbindung stehen.
- Einhaltung der Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes: Die Produkte müssen gemäß den geltenden Gesetzen des Erzeugerlandes produziert worden sein.
- Sorgfaltserklärung: Es muss eine Sorgfaltserklärung abgegeben werden, die belegt, dass alle rechtlichen Anforde-rungen erfüllt wurden und kein relevantes Risiko der Entwaldung besteht. Die relevanten Rohstoffe und Erzeug-nisse dürfen daher nur dann europaweit importiert oder exportiert werden, wenn sie den vorbezeichneten Anforde-rungen entsprechen.
Sorgfaltspflichten im Detail
Unternehmen müssen detaillierte Informationen über die Herkunft und Produktionsbedingungen der Rohstoffe und Produkte sammeln, eine Risikobewertung vornehmen und, wo nötig, Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen. Diese Schritte müssen in einer Sorgfaltserklärung dokumentiert werden, die jederzeit auf behördliches Verlangen vorgelegt werden muss. Für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) sieht die Verordnung zwar Erleichterungen vor, doch auch sie müssen die wesentlichen Vorgaben zur Sicherstellung der Entwaldungsfreiheit beachten.
Durchsetzung und Sanktionen
Die Durchsetzung der Entwaldungs-VO liegt in der Verantwortung der EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland über-nimmt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) diese Aufgabe. Die Behörden sind verpflichtet, regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Bei Verstößen drohen Korrekturmaßnahmen wie die sofortige Rücknahme vom Markt, Rückrufe von Erzeugnissen bis hin zu Geldbußen in Höhe von bis zu 4 % des Gesamtumsatzes des Unternehmens im vorhergehenden Geschäftsjahr.
Warum müssen Unternehmen jetzt handeln?
Die Anforderungen der Entwaldungs-VO sind komplex und weitreichend. Eine frühzeitige Vorbereitung ist daher entscheidend, um rechtliche Risiken und mögliche finanzielle Strafen zu vermeiden. Zudem sorgt die Einhaltung der Verordnung dafür, dass Unternehmen weiterhin Zugang zum europäischen Markt haben, der zunehmend auf nachhaltige und entwaldungsfreie Lieferketten setzt. Unternehmen, die bereits jetzt Maßnahmen ergreifen, stärken nicht nur ihre rechtliche Position, sondern auch ihr Image gegenüber Kunden und Investoren, die immer mehr Wert auf Umwelt- und Sozialstandards legen.
Geltungsbeginn und Leitlinien
Ursprünglich sollte die Verordnung weitestgehend bereits ab dem 30. Dezember 2024 gelten. Aufgrund zahlreicher Bedenken internationaler Partner soll die Frist jedoch nach den jüngsten Entwicklungen um zwölf Monate verlängert werden. Die Verordnung soll nun ab dem 30. Dezember 2025 für große Unternehmen und ab dem 30. Juni 2026 für Klein- und Kleinstunternehmen gelten. Die EU-Kommission hat am 02.10.2024 zusätzliche Leitlinien für eine „wirksame und pragmatische Umsetzung“ veröffentlicht, die Unternehmen und Behörden mehr Klarheit über die Auslegung und Anwendung der Vorschriften verschaffen sollen.
Fazit
Die Entwaldungs-VO stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, bietet jedoch auch die Chance, durch nachhaltige Geschäftspraktiken langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir empfehlen daher, sich frühzeitig auf die neuen Pflichten vorzubereiten, um Sanktionen zu vermeiden und den Anforderungen des wachsenden Marktes für nachhaltige Produkte gerecht zu werden.
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